Ist eine rechtlich einwandfreie E-Mail-Werbung ohne Einwilligung für NGOs möglich?
Immer wieder kommt die Diskussion darauf, ob man E-Mails zu Spenden-Werbezwecken einsetzen kann, ohne dass eine Einwilligung seitens der Empfänger vorliegt. Tatsächlich sollte man sich vor jeder Verarbeitung personenbezogener Daten darüber im Klaren sein, ob dies überhaupt erlaubt ist – und dazu gehört natürlich in jedem Fall die Spendenwerbung per E-Mail.
In der grundsätzlichen Frage, ob eine E-Mail-Werbung – und es geht nicht um E-Mails, die im täglichen Geschäftsverkehr ausgetauscht werden – auf der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses nach DSGVO stattfinden kann, gibt es keine zwei Meinungen. Vor jeder Verarbeitung personenbezogener Daten muss immer geklärt sein, ob sie überhaupt durchgeführt werden darf.
Die DSGVO ist jedoch nicht die alleingültige Vorschrift: Der Erwägungsgrund 173 zur DSGVO verlangt nämlich auch, dass sie nur auf die Fragen zum Schutz der Grundrechte und -freiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Anwendung finden soll, die nicht in der „ePrivacy-Richtlinie“ (EPRL) geregelt sind. Die EPRL stellt also eine Ausnahme von der Anwendbarkeit der DSGVO dar. Sie ist in diesem Punkt in Deutschland im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt.
Muss für Spendenwerbung mit E-Mails die DSGVO etwa gar nicht angewendet werden?
Doch, grundsätzlich ist bei der Verarbeitung personenbezogener Daten natürlich immer die DSGVO heranzuziehen. Diese besagt, dass personenbezogene Daten nicht verarbeitet werden dürfen (Art. 6 Abs. 1 DSGVO, „Die Verarbeitung ist nur zulässig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist: …“). Selbstverständlich kann und sollte man eine Prüfung vornehmen, ob eine der Ausnahmen des Art. 6 Abs. 1 der DSGVO zur Anwendung kommen kann. Was könnte dies sein? Hier ein paar Hinweise:
- Eine Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 –> Buchstabe a) kommt infrage. Die Einwilligung ist „der Königsweg“ laut § 7 UWG.
- Eine Verarbeitung zur Erfüllung eines Vertrages (–> b) ist offensichtlich nicht anzuwenden, da kein Vertrag vorliegt.
- Die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (–> c) kommt offensichtlich auch nicht infrage,
- Ein lebenswichtiges Interesse (–> e) fällt ebenso weg,
- Ein öffentliches Interesse (–> d) gilt nur für staatliche Einrichtungen oder, wenn hoheitliche Aufgaben von privaten Unternehmen erledigt werden, wie zum Beispiel zur Parkraumüberwachung oder bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen,
- Die Rechtsgrundlage „Berechtigtes Interesse“ (–> f) dürfen Sie durchaus prüfen.
Letzteres mag sich zunächst überraschend anhören, ist es allerdings gar nicht. Denn den eigenen berechtigten Interessen (und den berechtigen Interessen Dritter) müssen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen gegenübergestellt werden. Wenn nun ein deutsches Gesetz, dass in der DSGVO ausdrücklich als Ausnahme genannt wird (und das die Werbung per E-Mail regelt), eine Datenverarbeitung verbietet, so ist automatisch das schutzwürdige Interesse als absolut zu sehen. Die geforderte Interessenabwägung geht automatisch gegen das berechtigte Interesse der Werbetreibenden und eindeutig für das überwiegende schutzwürdige Interesse der Betroffenen aus.
Um einem oft gehörten Einwand gleich zu begegnen: Auch an gewerbliche Empfänger dürfen keine werblichen E-Mails ohne die Einwilligung oder die Ausnahme aus § 7 Abs. 3 UWG versendet werden. Dies gilt auch dann, wenn keine Person angesprochen wird. Zwar gilt die DSGVO nicht für „juristische Personen“ – also Kapitalgesellschaften, Stiftungen, Vereine usw. (als Betroffene) –, aber genau deshalb ist das UWG unmittelbar anzuwenden, also ohne die DSGVO zu Rate zu ziehen.
Die Erkenntnis: Man kann es drehen und wenden, wie man will, E-Mail-Werbung zu versenden ohne wirksame Einwilligung oder die Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG birgt erhebliche rechtliche Risiken.
Wie kann ich als NGO denn nun werben?
Mit einer gewissen Spitzfindigkeit könnte man auf die Idee kommen, den Erhalt eines Newsletters (was zweifellos einer „Werbe-Mail“ gleichzusetzen ist) in einen Vertrag einzubinden. Dazu müsste der Newsletter allerdings für die Empfänger einen nicht unerheblichen Wert darstellen (OLG Frankfurt, Az.: 6 U 6/19). Was bei beispielsweise Finanzdienstleistern eventuell noch gelingen könnte, ist bei spendenwerbenden Organisationen auszuschließen und man kann nur dringend davon abraten.
Einen gangbaren Weg zeigt § 7 Abs. 3 UWG auf. Demnach darf Spendenwerbung für eigene ähnliche Zwecke per E-Mail betrieben werden, wenn die E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von den Kund:innen genannt wurde. Außerdem müssen die Angesprochenen bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass sie der Verwendung jederzeit form- und kostenlos widersprechen können.
In diesem Zusammenhang stiftet regelmäßig die Bezeichnung beim „Kauf einer Ware oder Dienstleistung“ einige Verwirrung. Doch es ist eigentlich ganz einfach: Europäische Richtlinien und Verordnungen haben den Vorteil der sogenannten Erwägungsgründe, die jeder dieser Rechtsnormen vorangestellt werden. Darin wird erklärt, was mit der Rechtsnorm eigentlich gewollt wurde.
Und so kann man in den Erwägungsgründen für die E-Privacy-Richtlinie Folgendes lesen: „Im Rahmen einer bestehenden Kundenbeziehung ist es vertretbar, die Nutzung elektronischer Kontaktinformationen zuzulassen, damit ähnliche Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden (….)“. Damit ist geklärt, dass eine Auslegung des Wortlauts „Beim Kauf einer Ware oder Dienstleistung“ in „bestehende Kundenbeziehung“ nicht nur vertretbar ist, sondern von den Macher:innen der Richtlinie geradezu gewollt war.
Spenden ist eine Kundenbeziehung
Menschen und Organisationen ist damit die Angst genommen, diese Ausnahme beispielsweise für Spendenwerbung zu nutzen. Tatsächlich besteht nämlich eine Kundenbeziehung, wenn jemand gespendet hat. Das ist ganz unzweifelhaft. Und das geht sogar noch weiter, nimmt man ein Urteil des Münchner Oberlandesgerichts ins Kalkül. Dort heißt es in der Urteils-Begründung: Wird Kunden die eingeschränkte Nutzung einer Partnerschaftsbörse ermöglicht, wenn diese sich auf dem Portal unter Angabe ihren persönlichen Daten registrieren, so kann darin der „Verkauf“ einer Dienstleistung im Sinne des UWG liegen. Das ist selbstverständlich leicht übertragbar auf spendenwerbende Organisationen.
Grundsätzlich ist zu bedenken: Eine Spende ist ein zweiseitiges Geschäft. Die Spenderseite bietet eine Spende an, die empfangende Seite nimmt sie an. Oder auch nicht. Denn spendet beispielsweise eine rechtsextreme Organisation an eine Menschenrechtsorganisation, wird sich diese sicher dagegen verwahren.
Fazit:
Neben der Einwilligung gibt es durchaus eine legale (und legitime) Rechtsgrundlage zur Verwendung von E-Mail-Adressen zur Spendenwerbung. § 7 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gibt uns ausdrücklich das Recht dazu.
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Und zur, manchmal schwierigen, Beziehung zwischen KI und Datenschutz geht’s hier.